Meha im ersten Morgenlicht

Ramses II., wie er sich liebte: riesengroß und x-fach. Hier teils aus der Felswand herausgeschlagen, teils davorgemauert und vor allem in Familie. Das war eigentlich in dieser Form unüblich, aber Ramses II. war sehr stolz auf seine vielen Kinder und zeigte sie bei vielen Gelegenheiten vor. Er übernahm diesen Brauch von einem Amtsvorgänger, den er öffentlich verfemte, aber in vielen Details kopierte: Amenophis IV. Echnaton, der sich beim Spielen mit seinen Töchtern in die Wand meißeln ließ. Rein zahlenmäßig muss man mit Ramses aber erstmal mithalten können: heute gelten um die 100 Söhne und Töchter als bewiesen. Meiner persönlichen Meinung nach ist das auch in einem langen Leben nicht als reines Hobby zu schaffen. Schließlich hatte der Pharao ja noch ein paar anderweitige Pflichten. Ich denke, dass Ramses sich bei der Erzeugung von Kindern medizinisch beraten ließ, damit - sagenwirmal - möglichst ergebnisorientiert gearbeitet werden kann. Wozu waren denn die ägyptischen Ärzte seinerzeit so berühmt, wenn sie nicht in der Frage auch helfen konnten? Aber ob jetzt hobbymäßig oder professionell erzeugt: hier begegnen uns einige seiner Kinder und Familienmitglieder.

Die Familie Ramses II. in Abu Simbel
Tuja Ramses' Hauptfrau Nefertari

Zwischen den Sitzstatuen Ramses sind also von links nach rechts die Töchter Bintanat, Isisnofret II. und Nebettaui (Töchter seiner Gemahlin Isisnofret), Nefertari und Amunherchepeschef (Kinder seiner zweiten Hauptfrau Nefertari, rechts) sowie seine Mutter Tuja. Wir sehen hier wenigstens 3 Königinnen vor uns, denn Ramses erhob nach dem Tode seiner Hauptfrauen verschiedene seiner Töchter zu Großen Königlichen Gemahlinnen, u.a. Bintanat und Nebettaui. Und es mag stimmen, dass die Große Königliche Gemahlin ein Dienstgrad im Staate war - allein darauf ist die Sache aber nicht zu reduzieren. Denn Ramses hatte auch mit seinen Töchtern Kinder. Bei seiner Mutter Tuja (auch Bild links) wird davon ausgegangen, dass sie zeit ihres Lebens großen Einfluß auf Ramses hatte, wie auch einige erhaltene außenpolitische Briefe nahelegen. Isisnofret führte anscheinend lange Jahre eine etwas versteckte oder untergeordnete Existenz, sie tritt eigentlich erst nach Nefertaris Tod wirklich in Erscheinung. Daraus schließen manche Autoren auf einen Zickenkrieg im Palast, andere auf eine überwältigende Liebe Ramses' zu Nefertari. Beides bleibt reine Spekulation.

Baketmut und Meritamun


Von den zwischen den südlichen Sitzstatuen abgebildeten Personen sind diese zwei noch erwähnenswert: Baketmut und Meritamun, beides Töchter von Nefertari. Auch Meritamun brachte es wie einige ihrer Schwestern zur Großen Königlichen Gemahlin, was sich hier schon an der Federhaube ablesen läßt.

re-Harachte in Abu Simbel


Man mag es kaum glauben, aber offiziell ist der Tempel nicht Ramses und seiner Familie geweiht, sondern Re-Harachte, dem Ramses über dem Eingang zum Tempel huldigt.

Gefesselter Nubier


Im Eingang zum Tempel - also wohl einer Stelle, die auch seinerzeit noch jeder besichtigen konnte - findet sich eine Darstellung, die das Verhältnis zu den Nubiern noch einmal klarstellt: sie sind Gefangene, oder sollen es zumindest sein. Daran ändern auch ein paar hundert oder tausend Jahre des Zusammengehörens nichts. Und das "elende Land Kusch" liegt hier auch gleich um die Ecke. Die Zusammengehörigkeitsromantik ist also ziemlich relativ.

Säulenhalle in Abu Simbel


In den Tempeln darf man nicht fotografieren und kann dank der Menschenmassen auch nicht. Man darf aber von draußen hineinfotografieren und das ganz offiziell, wenn man nicht blitzt.
Theologisch bedeutend ist in der ersten Pfeilerhalle die Darstellung Ramses. Er läßt sich am Oberkörper als Osiris (also tot und wieder auferstanden) darstellen, trägt gürtelabwärts aber die Kleidung des lebenden Pharaos.
In den Tempelräumen selbst findet man diverse Darstellungen von Ramses Großtaten und Ansichten sowie natürlich die berühmten vier Sitzstatuen von Re-Harachte, Ramses, Amun und Ptah, die jeweils zur Frühjahrs- und Herbstsonnenwende besonders eindrucksvoll beleuchtet werden - ganz im Hintergrund kann man gerade noch die beiden hohen Federn des Amun erkennen.