Deir el-Medina von oben

Man kann vom Ticketbüro nach Deir el-Medina laufen, man kann es aber auch auf dem Rückweg vom Tal der Könige besuchen. So hab ich es gemacht und würde es für Tage mit erträglichen Temperaturen jederzeit empfehlen. So bekommt man noch etwas Bewegung, sieht was von der Landschaft und spart dabei noch den Ballonflug, der sowohl frühes Aufstehen verlangt als auch einen Krater in die Reisekasse schlägt. Mehr als von den thebanischen Bergen sieht man dabei auch nicht.

Hausmauern in Deir el-MedinaIn Deir el-Medina haben die Künstler und Handwerker gewohnt, die im Tal der Könige arbeiteten. Und wie üblich in der Archäologie, erregte der Abfallhaufen mit seinen beschrifteten Scherben und ähnlichem Alltagskram das größte Entzücken der Fachleute. Man glaubt sich jetzt über das Leben und die Probleme der Arbeiter besser informiert als über manche Staatsaffäre am Hofe der Pharaonen. So ist z.B. bekannt, dass nach dem Höhepunkt des Neuen Reiches auch die Bezahlung der Arbeiter so schleppend wurde, dass sie sich ihren Arbeitslohn durch Streik beschaffen mussten.

Für Otto Normalbesucher ist in dem Mauerngewirr nicht viel zu erkennen, die Häuser scheinen sehr dicht gestanden zu haben ohne nennenswerte Straßen dazwischen. Hin und wieder sieht man noch einen Mahlstein o.ä. haltbare Haushaltsgegenstände. Wesentliche Besuchsziele hier sind die Gräber von Sennodjem und Inherkhau, deren Eintritt mit der Gesamtanlage bezahlt wird, und das Grab des Paschedu, das etwas abseits liegt und für das ein Extra-Ticket benötigt wird, das man gleich vom Ticketverkauf mitbringen muss und auch sollte. Faszinierend fand ich, dass sich diese Gräber auch für das ungeübte Auge von den Gräbern der Staatsbeamten unterscheiden. Hier haben sich zwar "nur" meisterliche Handwerker ein Grab gebaut, aber es waren eben die selben, die jeden Tag mit der Arbeit an den Gräbern der Könige beschäftigt waren. Deshalb sehen ihre Bauten auch aus wie kleine Königsgräber, mit eher metaphysischen und religiösen Darstellungen als mit hauptsächlich profanen, wie man sie in den Gräbern der Beamten findet.
Vermutlich ist es möglich, auch hier gegen Bakschisch zu fotografieren, aber wie ich feststellen musste, wird ohne Trinkgeld selbst die Begrüßung demonstrativ wieder zurückgenommen. In dieses Feuer wollte ich kein Öl mehr gießen und habe jeden Wunsch unterlassen.

Ptolemaischer Tempel für Maat und HathorWenn man vom Parkplatz einmal quer durchläuft, kommt man zu dem kleinen ptolemäischen Tempel, der Hathor und Maat geweiht ist. Er liegt still abseits und wird freundlich, aber schlecht bewacht. Es ist gut und richtig, dass man in Innenräumen nicht mit Blitz fotografieren darf - die Farben leiden tatsächlich unter den Blitzen. Meistens sehen die Aufnahmen ohne Blitz aber mit Stativ oder ruhiger Hand ohnehin besser aus. Hier wird auf Blitze nicht geachtet. Schlimmer: ich habe sogar die Nassabklatsche anderer Besucher sehen müssen, bei denen man die Farbe teilweise mitnimmt. Das nenne ich Duldung von Zerstörung.

Säulenhalle im Hathortempel Abklatsch
Die ptolemaische Zeit kurz vor der Jahrtausendwende war eine Zeit des Niedergangs. In den 1000 Jahren seit dem Neuen Reich hatte sich wenig verändert in Kunst und Kultur. Die Ptolemäer hatten neue Formen der Säulenkapitelle aus Griechenland mitgebracht und damit die vorher sehr einheitlichen Lotus-, Papyrus- und Hathorformen ergänzt. Hier sieht man noch eine typische Hathorsäule hinter den modernen Kapitellen. Daneben erscheinen häufig die Hieroglyphen feiner. In den Kartuschen der ptolemäischen Könige fehlen gelegentlich die Namen, was wohl auf den erhöhten "Schwund" der Herrscher durch Palastintrigen und vorzeitiges Ableben zurück zu führen ist. Niemand konnte den Namen des Herrschers zur Fertigstellungszeit wissen und wollte dann auch nicht auf der Seite der falschen Partei wiedergefunden werden. Ansonsten fällt es wirklich schwer eine Entwicklung zu erkennen. Es gibt wohl auch keine, nur Wiederholung und Abbau.

Amun, Mut und Hathor
Götterfries
Oben sieht man Amun wohl mit Mut und Hathor. Links opfert der Pharao diversen Göttern, u.a. Osiris, Mut, Amun, Hathor, Horus, Chons und Nephtis. Ein vertrautes Bild. Allerdings habe ich hier auch eine Abbildung des vierköpfigen Mendes-Widders gefunden, der mir sonst nirgendwo begegnet ist.

Mendeswidder


Viele weitere Bilder von Deir el-Medina findet man bei Flickr.