Im Ramesseum

Kartusche Ramses II.Ramses II. - vormals Amenophis III. Der Tempel des bekanntesten Pharaos des Neuen Reiches ist im Gegensatz zu manch anderem Millionenjahrstempel noch relativ gut erhalten - auch wenn es beeindruckendere gibt. Was dem Angedenken seiner Person aber keinen Abbruch tut, wo man doch entlang des Nils kaum irgendwo an eine historische Stätte seinen Fuß setzen kann, ohne über seine Kartusche zu stolpern: Ramessumeriamun, User-maat-Re-setep-en-Re, genannt Ramses II.. Es gibt jede Menge wissenschaftliche Untersuchungen über ihn, Klatsch aus Lebens- und Todeszeiten, sogar eine Romanserie. Gegen diesen Aufmarsch hat es der Tempel schwer, noch eins draufzusetzen. Und dann noch die Gewißheit, dass hierher abtransportiert wurde, was nicht niet- und nagelfest war. Säulen aus dem Tempel der Hatschepsut, Statuen von Amenophis III. Wahrscheinlich ist auch der berühmte Granitkopf eigentlich deutlich vor Ramses entstanden, und zwar als Portrait Amenophis III.

Tuja, die Königinmutter Die Prinzen Ramses II.

Wenn Details des Privatlebens eines Pharaos bekannt sind, dann häufig die vielen Kinder Ramses II. und seine gern betonte große Liebe zur Großen Königlichen Gemahlin Nefertari. Einige Autoren wie Frau Desroches-Noblecourt sind der Ansicht, dass dennoch Ramses' Mutter Tuja (rechts) zeit ihres Lebens den wichtigsten Einfluss ausübte. Bei allem sollte man im Hinterkopf behalten, dass alle Pharaonen einen mehr oder weniger stattlichen Harem unterhielten. Trotzdem hat es nach unserem Wissen keiner auf (je nach Zählung und Auffassung) 85 bis 105 leibliche und häufig stolz präsentierte Kinder gebracht. Meiner persönlichen Meinung nach erfordert das vor allem vor dem Hintergrund, dass der Pharao ja noch ein paar andere Aufgaben in den verschiedenen Landesteilen zu erfüllen hat, eine gezielte Planung und ärztliche Beratung. Rein hobbymäßig und planlos dürfte das auch angesichts der hohen Kindersterblichkeit damals nicht zu schaffen gewesen sein. Aber sei's drum, es hat halt a jeder so sei Hobby, um mal Otto von Habsburg zu zitieren.

Andererseits hat Ramses lange gelebt, wahrscheinlich ist er um die 90 Jahre alt geworden - zu einer Zeit, als die durchschnittliche Lebenserwartung um die 30 Jahre betrug. Das heißt also, dass er nicht nur (sehr wahrscheinlich) kleine Kinder hat sterben sehen, auch einige seiner erwachsenen Thronfolger starben vor ihm. Erst sein 13. Sohn, Merenptah, hat ihn dann schließlich überlebt und beerbt, als er selbst schon ein älterer Herr war. In der Prinzenparade oben ist der 2. von links mit seiner Kartusche versehen.


Schlacht bei Kadesch

Es gibt aber von Ramses deutlich mehr zu berichten als nur von seinem Privatleben. Berühmt wurde er z.B. für seinen Einsatz in der Schlacht bei Kadesch. Unbestritten ist wohl, dass er großen persönlichen Mut gezeigt hat und die Schlacht ohne ihn nicht so ausgegangen wäre, wie sie ausgegangen ist. Wobei der Ausgang ziemlich unterschiedlich überliefert wird. Ramses hat gern den Eindruck erzeugt, er habe die Schlacht gewonnen, trotzdem er auf den Reliefs ehrlicherweise die hethitische Fahne über der Festung weiter wehen lässt. In der Tat ist aber mit letzter Not eine Entscheidung verhindert worden. Dennoch hat Ramses sich gern in dieser Schlacht abbilden lassen, wie auch hier im Ramesseum. Die wirklich bedeutende Leistung folgte darauf aber erst viele Jahre später, als er mit dem hethitischen König Hattusili den ersten Friedensvertrag der Weltgeschichte zwischen zwei Großreichen schloss. Auch dieser Vertrag wurde u.a. im Ramesseum in Stein gemeißelt.

Ramses empfängt Sed-Feste von Amun

Viele Darstellungen im Tempel sind natürlich religiöser Art. Hier empfängt Ramses von Amun etwas, das aussieht wie kleine Pavillons. Hierbei handelt es sich um Hieroglyphen, nämlich die Hieroglyphen des Sed-Festes, das der Pharao erstmals zu seinem 30-jährigen Regierungsjubiläum feiern durfte. Die Zeichen hängen wie kleine Lampions an einem Palmblattstängel, dem Symbol für Jahre und Attribut des Gottes der Ewigkeit. Man beachte die Postitionen von Amuns Armen und der Dattelrippe. Anscheinend wurde eine lebensnahe Positionierung als unschöne Durchschneidung des Arms empfunden, ähnliches findet man auch in Medinet Habu. Bei diesem an sich erfreulichen Ereignis trägt er die Blaue Krone, die man früher für die Kriegskrone hielt und jetzt eher für die Alltagskrone der ägyptischen Pharaonen.


Ein weiteres beliebtes Motiv altägyptischer Tempel zeigt Amun-Atum und Seschat dabei, wie sie den Namen des Pharaos auf die Früchte des Ischedbaumes schreiben. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um einen Perseabaum, Mimusops laurifolia, der auch heute noch in Nordafrika wächst. Diesmal trägt Ramses die Atef-Krone, die ursprünglich nur zu Osiris gehörte und nun auch von den ägyptischen Pharaonen getragen wird.

Ramses unter dem Ischedbaum
Gravur des Fürsten Pückler

Sicher ist jedenfalls, dass die Tempel eine Menge erlebt haben, Aufbau, Zerstörung, Verfall, Zerstörung, Wiederaufbau und vielleicht auch wieder Zerstörung. Dass man die eigenen, berühmten Landsleute unter den Zerstörern findet, ist aber eher ungewöhnlich. Selbst ein so kulturvoller Mann wie Fürst Pückler hat es sich nicht nehmen lassen, sein "Ich war auch hier!" zu hinterlassen.

Zu guter Letzt kann man noch einmal einen Blick auf die verbliebenen Füße einer verschwundenen Kolossalstatue vor dem 2. Pylon des Ramesseums werfen. Sehr wahrscheinlich war eine zweite Riesenstatue geplant, es gibt aber keine Hinweise, dass sie jemals errichtet wurde.

Im Ramesseum