Entlang der Straße ins Tal der Könige liegen auf der Nilseite die Millionenjahrstempel, auf der Seite der Berge die Gräber der Beamten, auch genannt die Gräber der Noblen. Sie sind nicht nur kleiner, sondern auch ganz anders als die Königsgräber. Sie zeigen viel mehr vom Leben und der Berufstätigkeit der Auftraggeber, sind manchmal edel und bedeutungsschwanger, manchmal etwas pedantisch und manchmal regelrecht schelmisch. Die wenigsten sind gut ausgeschildert und mit Pech sucht man eine Weile herum und bekommt dann die Karte vom falschen Grabwächter abgerissen, der einem dann ein unbedeutendes Grab zeigt. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn nicht alle Eintrittskarten am zentralen Ticketstand verkauft würden und man dann die Wahl hat, mit dem Wächter des eigentlich gewünschten Grabes lange Diskussionen zu führen, weil die Eintrittskarte entwertet ist, oder aber zurück zu fahren und noch mal für das selbe Grab zu zahlen.

Viele dieser Gräber sind sehenswert, aber auch hier sollte man nicht zu viele auf einmal abarbeiten wollen, sonst bringt man sie hinterher durcheinander. Es bewährt sich, die Kartenverkäufer um Rat zu fragen, die freuen sich, wenn sie ihre Kenntnisse interessierten Besuchern weitergeben können.

Selbstverständlich ist es auch in diesen Gräbern verboten zu fotografieren. Ob das streng gehandhabt wird, hängt aber sehr von der Laune des Grabwächters ab - und der investierten Summe. In jedem Fall sollte selbstverständlich sein: kein Blitz!

Nefersecheru und Neferrenpet in El-Khokha

Neferrenpet und Nefersecheru Malereien bei Neferrenpet und Nefersecheru

Die Gräber von Nefersecheru und Neferrenpet hatte ich gar nicht geplant. Nur da der Zugang zu den berühmteren Gräber von der Straße aus nicht ausgeschildert ist, bin ich eine Weile herumgeirrt und habe mich durchgefragt. Ich zeigte einem Grabwächter die Karte zum Grab von Nacht und fragte ihn, ob ich hier richtig wäre, er riss sie durch und zeigte mir diese beiden, die sicherlich interessant zu sehen sind, aber zu den unbedeutenden gehören und zu denen sich praktisch nie einer verirrt. Als ich das merkte, war ich einigermaßen aufgeregt und habe deshalb nicht aufgepasst, aus welchem Grab die Fotos stammen. Wahrscheinlich sind sie aber von Nefersecheru.

Nefersecheru war in Ramses des II. späten Jahren Schreiber der Göttlichen Opfer für alle Götter und Beamter Schatzhauses, also vergleichbar hohen Beamten im Finanzministerium. In seinem Grab findet sich neben verschiedenen Darstellungen zur Unterwelt auch die Waage der Maat. Diese Waage der Gerechtigkeit wiegt das Herz des Verstorbenen gegen eine Feder, die Feder der Gerechtigkeit, auf. Hat der Verstorbene im Leben Sünden begangen oder bei Eintritt in die Unterwelt verschwiegen, wird sein Herz schwerer sein als die Feder. In diesem Falle wird ihn das Wesen Ammit verschlingen. Besteht er den Test, steht der Weg ins Jenseits und das ewige Leben offen.

Neferrenpet war Schreiber im Schatzhaus des Amun in der zweiten Hälfte der Regierungszeit Ramses II. Sein Grab ist dem in unmittelbarer Nähe gelegenen Grab von Nefersecheru sehr ähnlich, man geht davon aus, dass die beiden Männer sich gut kannten und eng zusammenarbeiteten. In seinem Grab findet man neben den obligatorischen religiösen Szenen auch verschiedene Darstellungen seiner Berufstätigkeit.

Nacht und Menena

Nacht und TaujDie Gräber TT52 und TT69 sind so ziemlich das Hübscheste, was man in der Nekropole von Theben finden kann. Ganz wunderhübsche, faszinierende Details über die Arbeit der beiden Männer, die teilweise zu den bekanntesten Malereien aus dem alten Ägypten gehören. Leider habe ich nur die beiden Fotos aus dem Grab von Nacht, das von Menena, auch Menna genannt, ist mindestens ebenso schön und wahrscheinlich vom selben Künstler gestaltet worden.

Nacht war Schreiber und Astronom im Amuntempel von Karnak. Das klingt durchgeistigt und weltabgewandt, die Malerein sprechen jedoch eine ganz andere Sprache: Viele Darstellungen ranken sich um landwirtschaftliche Themen, um Fischfang und Verwaltung. Die Szenen sind liebevoll und sorgfältig ausgeführt, so z.B. die Katze, die sich anscheinend ihren Anteil von der Feier gesichert hat und unter einem Stuhl ihre Beute vernascht.

Drei Musikerinnen auf dem Begräbnis des Nacht Das berühmteste Detail aus Nachts Grab sind mit Sicherheit die drei Musikerinnen. Ihre mangelhafte Bekleidung hat früher die Gemüter erregt, aber wahrscheinlich war das damals nicht so ungewöhnlich, es existieren noch weitere ähnliche Darstellungen. Diese zauberhaften Mädchen kann man förmlich kichern und tuscheln hören. Dabei sollte man bedenken, dass sie zu einem Anlass spielen, der noch in der Zukunft lag, als die Arbeiten ausgeführt wurden: sie spielen auf Nachts Begräbnis. Ganz anscheinend war es damals wirklich kein so trauriges Ereignis, wie es für uns heutzutage ist.

Das Grab des Menena ist ganz ähnlich ausgestattet, liegt in unmittelbarer Nähe und wird auch mit der selben Eintrittskarte bezahlt. Wieder sieht man viele fleißige Leute bei der Arbeit, eine Pilgerfahrt nach Abydos, bei der ein Seeman fast über Bord geht, pralles Leben im Nil und eine Maus, die durch den Papyrussumpf klettert. Es tropft das Herz, dass man diese vielen hübschen Details nicht fotografieren darf, aber anschauen und genießen sollte man sie auf jeden Fall.

Ramose, Userhet und Chaemhat

Ramose, Userhet und Chaemhat werden ebenfalls mit einer Eintrittskarte verkauft und haben einen ganz anderen Charakter als die vorigen. Auch bei Userhet (TT56) sieht man viele Alltagsszenen, aber sie sind viel ernster und sachlicher als bei Nacht und Menena, wollen anscheinend distinguierter wirken. Vielleicht war das wichtig, wenn jemand den Titel "Schreiber, der die Brote in Ober- und Unterägypten berechnet" führt.

Chaemhat und Ramoses Gräber sind sich insofern ähnlich, als sie mit Reliefs dekoriert sind und die Farben, so weit sie existierten, häufig nicht mehr sichtbar sind. Von Chaemhets Grab (TT57) weiß man, dass es von Einheimischen bewohnt und stark verrußt war. Sir Robert Mond hat dann versucht, den Ruß mit Seife abzuschrubben - bis dahin war vielleicht noch Farbe darunter. Wie für die Zeit Amenophis III. häufig, wurden die Reliefs sehr sorgfältig ausgeführt. Genau werden die kunstvollen Knötchen und Schnitte der Perücken abgebildet, Chaemhats Händen ist die Maniküre bis heute anzusehen. Es ist diese Qualität, die europäische Museen veranlasst hat, große Stücke aus der Wand zu schlagen und ihrem Bestand einzuverleiben.

Eingang zum Grab des Ramose Die größte Sehenswürdigkeit der drei Gräber ist jedoch das von Ramose. Selbst das ungeübte Auge kann hier erkennen, wann Ramose gelebt hat: nämlich zu Zeiten Amenophis III. und seines Sohnes Amenophis IV. Echnaton. Ramose war ein außeror- dentlich vornehmer und mächtiger Mann, er war unter anderem Wesir, Bürgermeister, Vorsteher aller Handwerksarbeiten des Königs und Richter. Auch seine Verwandten hatten hohe Posten im Reich inne.

Relief im Grab des Ramose

So ist der Eingangsbereich zu seinem Grab eine Halle von imponierenden Ausmaßen, die noch zur Regierungszeit Amenophis III. begonnen wurde und dann klar auf den Amarna-Stil Echnatons einschwenkt. Ganz charakteristisch ist die Sonnenscheibe Aton abgebildet mit den Händen an den Strahlen, die das Anch-Zeichen halten, wenn sie den Pharao berühren. Aber selbst im Grab seines Würdenträgers konnte Echnaton der Verfemung und Ausmeißelung durch seine Nachfolger nicht entgehen.

Auch Ramose selbst war sicher nicht so glücklich, wie es bei seiner Stellung zu erhoffen gewesen wäre. Er starb noch bevor sein Grab vollendet wurde und hat seine Kinder überlebt. Und ob die berühmten Klageweiber, die an der Wand seines Grabes dargestellt sind, sich dann wirklich dermaßen in Trauer aufgelöst haben wie sich das der Künstler vorgestellt hatte, werden wir wohl auch nicht erfahren.


Rechmire und Sennefer

Grab des Rechmire Zwei ganz verschiedene Gräber. Das von Rechmire (TT100) ist in erster Hinsicht imponierend - Rechmire war Wesir von Unterägypten, Bürgermeister von Theben und hatte noch über 100 weitere bedeutende Titel inne. Er behauptete von sich, es gäbe weder im Himmel noch auf der Erde oder in einem Winkel der Unterwelt etwas, womit er sich nicht auskenne. Und sein Grab sieht aus, als wolle er das jetzt und für alle Zeiten beweisen. Seine Zeit fällt in die Herrschaft von Thutmosis III. und Amenophis II. - eine Zeit turbulenten Aufstiegs. Und an allen Ecken und Enden betont Rechmire, wie wichtig er dazu war und was er alles kannte, wußte und kontrollierte. Auf dem Foto ist es kaum zu erahnen, aber der Durchgang des Grabes steigt steil an und erreicht die enorme Höhe von 9 Metern. Und von oben bis unten sind die Wände dicht an dicht übersät mit Darstellungen der Dinge und Ereignisse, für die Rechmire verantwortlich war - eine schier unfassbare Bandbreite. Handwerker, Künstler, Landwirtschaft, Verwaltung, Jagd, Tribute und Staatsgeschenke. Vermutlich ließen sich ganze Bücher darüber schreiben, wenn man nur in der Lage wäre, die Bilder alle von unten zu erkennen - für menschliche Besucher waren sie anscheinend nicht vorgesehen.

Detail im Grab des RechmireDie Reichhaltigkeit der Darstellungen ist einfach unfassbar. Im Grunde kann man dieses Grab besser im National Geographic Art Guide besichtigen als vor Ort: im Buch gibt es außer den Erklärungen nämlich Fotos der Bereiche ganz oben, die kein Mensch von unten erkennen kann.


Familie des SenneferSennefers Grab (TT96) ist völlig anders. Er war zwar Bürgermeister von Theben und anscheinend sehr reich, aber anscheinend war das Wichtigste in seinem Leben seine Frau. Dass die Ehe im alten Ägypten außerordentlich wichtig war, ist häufig zu spüren, aber Sennefer hat Merit, seine Frau, 17 Mal im Grab darstellen lassen - ein Rekord.

Alle Darstellungen in der Grabkammer, die bei anderen normalerweise undekoriert blieb, sind wunderbar erhalten und mit Farben die aussehen, als wären sie neu. Sie sind wie vielfach mit Glasscheiben geschützt, was bei der Enge des Grabes etwas zwiespältig ist. Natürlich müssen die wertvollen Malereien geschützt werden, aber andererseits kann man kaum genug Abstand gewinnen, die demonstrative Abwesenheit des Wächters zu nutzen und zu fotografieren. So viel Weitwinkel hat keine Kompaktkamera.


Sennefer Merit, Frau des Sennefer TT96, Grab des Sennefer

Sennefers Grab wurde in einem Gebiet mit schlechtem Gestein errichtet. Deshalb war es schwierig, eine gute Decke herzustellen. Der Künstler rettete sich damit, dass er sie gar nicht erst versuchte zu glätten, sondern absichtlich zeltartig geschwungen herstellte und entsprechend bemalte. An anderer Stelle wurde sie mit Weinranken bemalt, weshalb das Grab auch als "Weintraubengrab" bekannt ist.

An manchen Stellen hat aber selbst Sennefer noch ein anderes Thema gekannt: nämlich die symbolische Reise der Leichname von Sennefer und seiner Frau Merit nach Abydos. Hier kommen sie bereits zurück und segeln Richtung Theben - der Wind weht immer nur in die eine Richtung: flussaufwärts. Das Schiff unten ist das Schleppschiff, die Statuen von Sennefer und Merit werden auf einer separaten Barke mitgeführt.


altägyptische Nilreise