Die Memnonskolosse Amenophis III. vor seinem nicht mehr existenten Tempel
Südlicher der Memnonskolosse

Nicht mal der richtige Name ist den letzten Resten des Millionenjahrstempels Amenophis (eigentlich Amenhotep) III. geblieben: Als noch im Altertum griechische Touristen kamen um die Kolosse zu betrachten, hatte man den wirklichen Erbauer schon vergessen und schrieb sie einem König zu, der mit ihnen rein nichts zu tun hat und wahrscheinlich nicht einmal wirklich lebte: Memnon. In der Tat war Amenophis III. einer der bedeutendsten Pharaonen überhaupt und schuf Kunstwerke, um die ihn nicht nur seine Amtsnachfolger beneideten. Seine Statuen stehen noch überall im Land und in den Museen der Welt, meistens aber versehen mit anderen Namen. Sechs Granitskulpturen ließ Ramses II. nach Luxor transportieren, der in seinem eigenen Tempel auch Amenophis-Statuen aufstellte und nur die Gesichtszüge anpassen ließ. Wahrscheinlich ist auch der bekannte große Granitkopf dort eben nicht von Ramses, sondern gehörte ursprünglich Amenophis. Auch Ramses' Sohn Merenptah bediente sich großzügig an den seinerzeit ca. 150 Jahre alten Kunstwerken.

Die beiden ursprünglich aus einem Stück gefertigten Kolossalfiguren waren durch schieres Gewicht vor Diebstahl sicher - vor Erdbeben leider nicht. Um 27 v. Chr., also nach ungefähr 2/5 ihrer bisherigen Standzeit, wurden sie durch ein Erdbeben schwer beschädigt. Der nördliche Koloss wurde dadurch noch berühmter, weil er bei Sonnenaufgang "sang", wahrscheinlich durch die Reibung in Dehnungsfugen. Am Schienbein des Kolosses kann man noch eine Inschrift in griechischer Sprache erkennen, die an den Besuch des Kaisers Hadrian bei dieser Sehenswürdigkeit erinnert. Ungefähr 200 u.Z. erbarmte sich dann Kaiser Septimus Severus des Denkmals und restaurierte den Koloss. Seitdem allerdings bleibt er still.

Königin Teje Die meisten Details kann man an dem weniger zerstörten südlichen Koloss betrachten. Hier findet man z.B. angelehnt an den Thron Amenophis' Große Königliche Gemahlin Teje. Voreilige Betrachter bemäkeln gern, dass die Gemahlinnen des Pharaos meistens deutlich kleiner dargestellt werden als der König selbst und schließen daraus, dass die Stellung der Frau untergeordnet war. Das war sie nicht, die Frauen in Ägypten lebten deutlich freier als in weiten Teilen der antiken Welt und waren normalerweise berufstätig. Es ist der Rang des Pharaos, der ihn hier so weit über seine Gemahlin hinaushebt, nicht seine Person. Denn ganz im Gegenteil war Teje eine einflussreiche Frau, sowohl als Große Königliche Gemahlin wie auch als Königinmutter Amenophis IV., der sich in Echnaton umbenannte. So voluminöse Perücken wie hier waren im Neuen Reich allgemein modern, der Kopfschmuck ist aber relativ selten zu sehen. Es handelt sich um einen Modius, der vielleicht als Grundlage für die hohe Federkrone der königlichen Gemahlinnen diente.

So beeindruckend die beiden Statuen sein mögen, eigentlich sind sie nur die Torfiguren des Millionenjahrstempels Amenophis III. Sie standen vor dem östlichen Eingangspylon des größten Tempels in Theben-West, von dem jetzt so gut wie nichts mehr übrig ist. Derzeit wird auf dem Gelände des Tempels gegraben, Fotos davon sind allerdings unerwünscht. Nur die Sichtschutzwand ist im Hintergrund noch zu sehen. Aber egal wie viel Zeit wir den Ausgräbern geben und wieviel Glück wir ihnen wünschen: sie werden nicht einmal einen Schatten des Eindrucks wiedererwecken können, den dieser riesige, verlorene Palast einst vermittelte.

Memnonkoloss im Norden

Übrigens weiß man nicht genau, ob seine Mumie gefunden wurde. Die, die man für seine hält, ist stark beschädigt und wurde im Grab von Amenophis II. gefunden, im Sarg irgendeines Ramses, bedeckt mit dem Sargdeckel von Sethos II. Nach seinem Tode hat er wirklich gar kein Glück mehr gehabt.