Die Gräber im Tal der Könige sind erstaunlich unterschiedlich, ganz unerwartet, wenn man bedenkt, wie wenig sich die sonstige sichtbare Kultur Ägyptens im Laufe von ca. 3000 Jahren geändert hat. Sicher finden sich Details und Motivkomplexe in allen oder vielen Gräbern wiederholt, im Gesamtcharakter waren jedoch alle Gräber, die ich besucht habe, unverwechselbar. Es lohnt, verschiedene oder alle davon zu besuchen, aber möglichst nicht an einem Tag. Ansonsten verschwimmen die Eindrücke zu einer unstrukturierten Suppe. Es muss einfach Zeit sein, die Bilder mit Namen und historischen Ereignissen zu verbinden. Deshalb habe ich es auch sehr hilfreich gefunden, ein kleines Buch in der Tasche zu haben, das mir wenigstens die wichtigsten Eckdaten und Bilder erklärt. Denn die Führer tun das nicht oder nur sehr oberflächlich. Und das dann nicht im Grab, sondern an einem schattigen Plätzchen davor.

Das Fotografieren war in allen Gräbern und Innenräumen verboten. Allerdings handelt es sich hier um Ägypten und da ist jedes Verbot relativ. Sicher ist, dass Blitzfotografie tatsächlich schadet und mit Recht in allen Sehenswürdigkeiten praktisch weltweit verboten ist. Moderne Digitalkameras können allerdings auch ohne Blitz mit sehr wenig Licht vergleichsweise gute Aufnahmen liefern, auch aus Gräbern mit Schummerbeleuchtung. Deshalb passen in allen Gräber entlang des Haupttals die Aufsichtsmenschen scharf auf - das Risiko, die während meines Ägypten-Aufenthaltes auf 400 Dollar hochgesetzte Strafe abzufassen, ist hoch. Einmal bin ich mit einem blauen Auge davon gekommen, weil ich dem Aufseher meine Kamera aushändigte und ihn die beiden Fotos löschen ließ, zu denen ich gerade noch gekommen war. Und an dieser Stelle mein Erfahrungsbericht: Die von der Kamera gelöschten Bilder sind mit Wiederherstellungsprogrammen nicht zu retten - ganz im Gegenteil zu dem, was Windows "löscht".

Inzwischen habe ich auch einem Fernsehbericht entnehmen müssen, dass es jetzt im ganzen Tal der Könige überhaupt und vollkommen verboten ist zu fotografieren - selbst für Fernsehteams, die einerseits sicherlich zahlen würden und andererseits gut unter Kontrolle zu halten sind.

Also lohnt es sich - und das ist ziemlich sicher der Zweck des strengen Verbots - Literatur zu kaufen, um sich an die Details zu erinnern oder die entsprechenden Erklärungen zu bekommen. Und wer sich diese Literatur nicht mitbringen kann, der muss sie vor Ort kaufen, sollte sich aber nicht zu viel erwarten. Es gibt Broschüren, aber etwas, das den aus Deutschland bekannten Museumsshops ähnlich wäre, sucht man vergeblich.

Das bekannteste Grab ist das von Tutanchamun, für das auch noch ein Extra-Ticket gekauft werden muss. In der Tat sind aber die Grabbeigaben, für das Grab berühmt wurde, vollständig entfernt und befinden sich nun in Kairo. Das heißt, der Eintrittspreis wird nun für ein leeres und über große Teile ungeschmücktes Grab ausgegeben - ein Unsinn, den ich mir erspart habe.

Die Gräber verschiedener bekannter Pharaonen sind permanent geschlossen, wie z.B. die von Ramses II., Hatschepsut oder Sethos I., auch aufgrund von Baufälligkeit. Andere können wegen der Ausgrabungen derzeit nicht besichtigt werden und an manch anderem mag man scheitern, weil sich aktuell 3 Busladungen hindurch schieben. Von den theoretisch offenen Gräbern ist sicherlich das von Thutmosis III. besonders sehenswert. Nicht nur, weil er in diesem Zusammenhang sicherlich der bedeutendste Pharao ist, sondern auch für den starken Charakter, den sein Grab verströmt. Es ist von oben bis unten, an allen Wänden dekoriert mit den stark stilisierten Darstellungen aus dem Totenbuch geschmückt. Die Schlichtheit und der offensichtliche hohe Abstraktionsgrad und intellektuelle Gehalt der Darstellungen rief für mich die Frage auf, ob das Grab dieses Menschen wirklich prächtig mit Gold und Edelsteinen ausgestattet war oder nicht vielmehr ganz andere Werte enthielt. Wissenschaftliche und künstlerische etwa oder Artefakte und Präparate, die er von seinen Eroberungsfeldzügen mitgebracht hat. Mir scheint das viel besser zu passen, aber ob der Gedanke stimmt, werden wir wohl nie erfahren.

Auch die anderen besuchten Gräber waren beeindruckend, zeigen kann ich hier aber nur Fotos aus den abgelegeneren Gräbern, die zwar als offen geführt werden, die aber dennoch der Aufseher extra für mich aufgeschlossen hat. Wie viel man in solchen Gräbern fotografieren kann, ist eine Frage des Preises und mit Glück auch der Freundlichkeit.

 

Thutmosis IV.- KV43

Sarkophag von Thutmosis IV.Thutmosis IV. war ein mittelmäßig bedeutender König des Neuen Reiches, ein Enkel von Thutmosis III. und Vater von Amenophis III. - also etwas eingeklemmt zwischen bedeutenden Namen. Man weiß von ihm wenig, aber er hat z.B. die Sphinx von Giza aus dem Wüstensand graben lassen und soll wohl auch ein sehr guter Bogenschütze gewesen sein. Jedenfalls ist er jetzt tot und liegt tatsächlich auch noch in seinem Grab, wenn auch nicht in seinem Sarkophag, sondern in einer Nebenkammer. Wäre es nach dem Grabwächter gegangen, gäbe es jetzt ein Bild von Djehutimes, Sohn der Sonne und Herrn von Ober- und Unterägypten, und mir. Es gibt dieses Bild nicht.

Götterfries im Grab Thutmosis IV.
Hathor und Thutmosis IV.Sehr schön erhalten - und gut zu fotografieren - ist der Götterfries im Gang zur Grabkammer. Wie viele andere Grabmalerereien auch, wurde er in den letzten Jahren verglast, um ihn vor Beschädigungen zu schützen, daher die Reflexe. Oben sieht man Osiris, Anubis und Hathor, die dem verstorbenen Thutmosis jeweils das Anch-Zeichen vor die Nase halten, ihm also Leben zurückgeben.


 

Mentuherchepeschef - KV19

KV 20 - Grab von Hatschepsut und Amenophis II.

Wenn man schon mal in dem Seitental ist, wo sich das Grab von Thutmosis IV. befindet, kann man dort noch ein kleines und wenig besuchtes Grab besuchen - das des Prinzen Mentuherchepeschef, wahrscheinlich eines Sohnes von Ramses IX., als es mit dem Neuen Reich schon rapide bergab ging. Auf dem Weg dahin kommt man an einem verschlossenen Grab vorbei, in dem Hatschepsut und ihr Vater Thutmosis I. begraben wurden. Sehr wahrscheinlich ist es das älteste Grab überhaupt im Tal. Leider wurde es 1994 durch Wassereinbruch weitgehend zugeschüttet.


Mentuherkhepeshef und Amun-Re

Prinz Mentuherkhepeshef hat ein vergleichsweise kleines, aber sehr gut erhaltenes Grab, das als KV19 bezeichnet wird. Angefangen wurde es mit großem Gestus, wahrscheinlich für Ramses VIII., der dort aber nie bestattet wurde. So blieb es sehr gut angefangen, aber unvollendet und das einzige dekorierte Grab eines königlichen Prinzen im Tal.

Anscheinend verstarb der Prinz, von dem man sehr wenig weiß, noch im Kindesalter, jedenfalls trägt er einen Kopfschmuck, der an die Kinderlocke erinnert, die für Prinzen üblich war. Er ist hier immer allein dargestellt, ohne seinen Vater, der darum auch nicht ganz eindeutig geklärt ist. Und die Grabmalereien bieten dem nicht oder höchstens mittelmäßig Kundigen einmal mehr den Blick in den Abgrund ägyptischer Mythologie und Weltsicht. Im Prinzip war die Zahl der Götter nicht allzu hoch und differierte örtlich. Das Problem aus unserer Sicht ist eher deren Variabilität: sie werden nicht nur historisch gelegentlich verschmolzen, sondern auch philosophisch und theologisch. Wichtige Gottheiten ändern Namen und Aussehen wie z.B. Re, der auch als Re-Harachte mit Falkenkopf oder Skarabäus auftreten kann. Hier z.B. wird Amun-Re, kenntlich an seiner Federhaube, fast dargestellt als mumifizierter Osiris. Zu erkennen was das jetzt jeweils zu bedeuten hat, wird wohl ein Studium altägyptischer Theologie erfordern, das ich bisher noch nicht absolviert habe.

Mentuherkhepeshef und SechmetAndere Darstellungen sind eindeutig, erinnern aber dennoch an die Vielgestaltigkeit der ägyptischen Götter. Links opfert der Prinz Sechmet, der Göttin des Krieges und der wütenden Seite der Liebe. Sie wird als Gegenseite der Bastet angesehen, manchmal auch der Hathor, die einen ähnlichen "Zuständigkeitsbereich" bearbeitet.


 

Eje oder Ay - KV23

Das Grab des Eje oder Ay - je nach Lesung - liegt im Westtal ein gutes Stück weg vom Schuss. Deshalb verirren sich nur wenige Besucher dorthin, auch wenn es wirklich sehenswert ist - und in Ruhe zu besichtigen. Hauptsache, man bringt sich sein Ticket vom Hauptschalter im Tal der Könige mit. Man kommt auf dem Wege auch am Grab von Amenophis III. vorbei, das allerdings nicht zugänglich ist.

Eje war der Ziehvater und Nachfolger Tutanchamuns, der ja jung starb. Deshalb wurde auch das Grab des damals nicht mehr jungen Eje weitgehend vom selben Künstler ausgeführt. Eje regierte nicht lange, nur etwa 4 Jahre, und wurde von Horemhab abgelöst, möglicherweise unsanft. Jedenfalls wurden viele Darstellungen in seinem Grab gezielt zerstört und das wahrscheinlich nicht lange nach seinem Tode.

Götterbarke und Horussöhne

Eine der Darstellung zeigt die Barke der Götterneunheit, die Figur ganz links ist Nephtys. Rechts gerade noch zu erkennen sind die vier Horussöhne mit den Kronen von Ober- und Unterägypten.

Jagdszene im Sumpf

Berühmt ist das Grab allerdings für Szenen, wie man sie in Königsgräbern normalerweise nicht findet. Trotz seiner Beschädigungen erkennt man hier den Pharao und seine Gemahlin Tij bei der Jagd in den Sümpfen, einem Symbol der Beherrschung des Chaos. Eje hält in der Hand einen Bumerang, der bei vielen Steinzeitvölkern verbreitet war, zu denen die Ägypter ja trotz aller Hochkultur damals noch gehörten. Man beachte wie ordentlich das sonst völlig ungeregelte Chaos des Sumpfes allein durch die Gegenwart des Königspaares wird. Unordnung muss den Ägyptern ein echter Greuel gewesen sein.
Eine Szene daneben ist stark beschädigt, das gejagte Tier ist nicht mehr erkennbar. Es wird aber vermutet, dass es sich um ein Flusspferd handelte.